Künstliche Intelligenz – Mein Kollege, der Computer
Es ist schon ein wenig kurios. Obwohl in vielen Häusern bereits Siri oder Alexa eingezogen sind, hat das Thema Künstliche Intelligenz meist etwas weit Entferntes. Es ist Technologie aus Filmen und Science Fiction Literatur. Dabei ist Künstliche Intelligenz derzeit eines der größten Trends. Kommt das Gespräch aber mal auf KI am Arbeitsplatz, macht sich plötzlich Pessimismus breit. Künstliche Intelligenz ist nicht zuverlässig. Sie nimmt uns die Arbeitsplätze weg. Das sind die Vorurteile gegenüber der großen Technikwelle, die schon längst in den Alltag schwappt. Die Wenigsten haben aber ein wirkliches Bild davon, was die Aufgaben Künstlicher Intelligenz sind.
Industrie 4.0 – die nächste industrielle Revolution
Es ist nicht einmal die erste industrielle Revolution, die die Welt erlebt. Mit den ersten Massenproduktionen erlebte die Industrie um das Jahr 1800 ihren ersten bedeutenden Wandel. Plötzlich gab es Maschinen, die von Wasser und Dampf angetrieben werden. Die Schwerindustrie nahm zu und die Welt vernetzte sich durch die ersten Eisenbahnen.
Ende des 19. Jahrhunderts fand die zweite industrielle Revolution statt. Elektrizität löste den Dampfbetrieb ab. Vor allem die Automobilindustrie trieb die Arbeit am Fließband voran. Mit Telefonen und Telegrammen erlebte auch die Arbeit im Büro eine deutliche Weiterentwicklung.
Die dritte industrielle Revolution begann in den 1970er Jahren. Die Computertechnologie war mittlerweile halbwegs erschwinglich. Immer mehr Prozesse wurden automatisiert.
Nur wenige Jahrzehnte später erleben wir die Industrie 4.0. Bereits jetzt findet Kommunikation zunehmend digital statt und immer mehr Daten werden in die Cloud verlagert. Außerdem gewinnt ein Thema immer mehr an Relevanz: Künstliche Intelligenz.
Sie ist bereits unter uns
Beim Thema „Künstliche Intelligenz“ denken viele an Roboter oder überlegene Computer wie HAL 9000, aus dem 1968 erschienenen Film „2001: Odyssee im Weltraum“. Noch immer gilt der neurotische Computer als Sinnbild für Künstliche Intelligenz – und ihre Probleme.
Nicht, dass es keine Bemühungen gibt, die selbst denkende oder gar fühlende KI zu erschaffen. In der industriellen Realität ist Künstliche Intelligenz aber auf bestimmte Problemlösungen zugeschnitten. Das erlebt man bereits schon im Internet. Wer sich beispielsweise auf Facebook oder YouTube bewegt, bekommt Vorschläge für Beiträge und Videos. Grundlage dafür sind Algorithmen, die unsere Abos und unseren Verlauf auswerten. Daraus wird berechnet, welche Beiträge, Gruppen, Nutzer oder Videos dir sonst noch gefallen könnten.
Das ursprüngliche Grundprinzip der EDV, Eingabe->Verarbeitung->Ausgabe, wird langsam durch das der KI ersetzt. Wahrnehmen->Verstehen->Handeln. Ein vierter Punkt, das Lernen, begleitet diesen neuen Prozess. Verily Life Sciences, eine Tochter des Google-Mutterkonzerns Alphabet, hat eine KI entwickelt, die anhand der Augen auf den gesundheitlichen Zustand einer Person schließen kann. Mittlerweile kann es das Risiko einer Herzerkrankung so genau vorhersagen, wie bisher anerkannte Verfahren durch Bluttests. Dafür musste der Algorithmus allerdings erst lernen. Medizinische Daten und Augen-Scans von rund 300.000 Patienten hat die KI analysiert, um Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Augenhintergrund zu erkennen. Ein Mensch hätte für die Auswertung vor einer Lebensaufgabe gestanden.
Strahlende Zukunft mit Schattenseiten
Genau dort ist der Platz für Künstliche Intelligenz: Den Menschen von sich wiederholenden, eintönigen Schritten befreien und große Datenmengen analysieren. Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) stellt dabei vermehrt Daten zur Verfügung. Im IoT kommunizieren Geräte oder auch Gegenstände übers Internet miteinander. Das kann beispielsweise die Sendungsverfolgung eines Paketdienstes sein. Dank Strich- und 2D-Codes lässt sich die Sendung eindeutig identifizieren und der aktuelle Status wird automatisch an die Zentrale übertragen. Entsprechende Webseiten rufen diesen Status dann ab. Für Künstliche Intelligenz sind solche Methoden ebenfalls eine Möglichkeit große Datenmengen automatisiert zu sammeln und an andere Geräte zu verteilen.
Falsche Illusionen sollte man sich aber nicht machen. Die Technik wird unsere Arbeitsabläufe vereinfachen und vor allem die eintönigen und langweiligen Aufgaben übernehmen. Allerdings wird es auch auf Kosten vieler Berufszweige gehen. Vor allem im Niedriglohnsektor werden KI und Maschinen ein kostengünstiger Ersatz für menschliche Arbeitskräfte.
Zalando strich erst dieses Jahr 250 Stellen in der Marketingabteilung. Das Versenden von Werbe-E-Mails sollen verstärkt Künstliche Intelligenzen übernehmen. Auch Logistik und Industrie werden sich in den nächsten Jahren erheblich wandeln.
In Hamburg ist der Terminal Altenwerder schon völlig automatisiert. Zwischen Kaimauer und Straßenrand steuert ein Zentralrechner den kompletten Umschlagprozess mit automatischen Kränen und Fahrzeugen. Kein Mensch darf auf das Gelände.
Die Arbeitswelt wandelt sich
Laut einer Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) könnten bis zu 18,4 Prozent der Jobs in Deutschland durch Computer und Algorithmen übernommen werden. Weitere 35,8 Prozent der Jobs könnten durch eine teilweise Automatisierung erhebliche Änderungen erfahren. Dies ist allerdings ein fließender Prozess, der sich über viele Jahre hinziehen wird.
Viele Jobs werden sich aber ändern, Arbeitsschritte wegfallen, die nach Schema-F zu erledigen sind. Übrig bleiben vor allem die spannenden Tätigkeiten: Entscheidungen, die keine Computer treffen können, kreative Prozesse oder Aufgaben, die emotionale Intelligenz erfordern.
Doch auch wenn vorwiegend jene Arbeiten wegfallen, die ohnehin kaum jemand gerne macht, ist die Politik gefordert. Schon jetzt müssen wir die Jobs von morgen ausgebilden. Auch muss es Pläne geben, wie man jene in der Gesellschaft hält, die zwecks Modernisierung vornüberfallen.
Es ist ein schwieriger Spagat. Treibt man die Industrie 4.0 zu radikal voran, stehen bald viele ohne Job da. Hält man zu sehr am Alten fest, gerät man schnell ins Hintertreffen. Politiker, die sich noch immer selbst auf die Schulter klopfen „dieses Facebook“ zu nutzen, sind für diese Aufgabe eher wenig geeignet. Was wir brauchen sind innovative Ideen und der Mut mit alten Strukturen zu brechen.
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